Eine verkrümmte Wirbelsäule eines 11-jährigen vor und nach einer Operation mit Magnetstäben (Kombo). Ein in der Göttinger Universitätsmedizin neuntwickeltes neues Operationsverfahren verspricht Kindern mit schweren Skoliose wirksame Hilfe. dpa
Hongkong – Neuartige „Growing rods“, deren Länge sich mit Hilfe von Magneten nicht-invasiv verstellen lassen, könnten Kindern mit ausgeprägter Skoliose die häufigen Nachoperationen zur Einstellung der Implantate ersparen. Ein US-Hersteller hat sein Gerät in China an bisher 5 Patienten mit Erfolg getestet, wie eine Publikation im Lancet (2012; doi: 10.1016/S0140-6736(12)60112-3) zeigt.
Die operative Behandlung mit expandierbaren Stabimplantaten aus Titan (Vertical Expandable Prostethic Titanium Rib, VEPTR) ist mühsam, da jede Neueinstellung der Stablänge eine Operation erfordert. Sie muss in der Regel alle 6 Monate wiederholt werden. So können bis zu zehn Operationen notwendig werden.
Ingenieure von Ellipse Technologies aus Irvine/Kalifornien haben jetzt Stabimplantate entwickelt, deren Länge ohne Operation von außen angepasst werden kann. Die Stäbe, die links oder rechts oder beiderseits der Wirbelsäule fixiert werden, enthalten im Mittelstück starke Magnete (aus seltenen Erden), die sich mittels eines auf den Rücken ausgelegten Controllers verschieben lassen.
Nach dem Abschluss der tierexperimentellen Versuche wurden im Queen Mary Hospital in Hongkong die ersten fünf Kinder behandelt. Bei allen Kindern wurde die Skoliose während der Operation korrigiert. Die Aufgabe der „Growing rods“ besteht darin, das Operationsergebnis in der Wachstumsphase aufrecht zu erhalten. Dazu sind monatliche Neueinstellungen der Stablänge notwendig, die nach Auskunft des Herstellers für das Kind schmerzlos sind.
Zwei Kinder im Alter von 5 und 12 Jahren tragen die „Growing rods“ seit mittlerweile 24 Monaten, ohne dass es zu Komplikationen gekommen ist, wie Kenneth Man-Chee Cheung von der Universität Hongkong versichert.
Das jüngere Kind, ein Mädchen mit Ehlers-Danlos Syndrom, ist von 111,6 cm (vor der Operation) auf 125,5 Zentimeter (nach 24 Monaten) gewachsen und die Spannweite der Arme hat sich von 100,4 cm auf 109,5 cm vergrößert. Der Cobb-Winkel, ein Maß für die Skoliose, wurde während der Operation von 74 Grad (zwischen T9 und L5) auf 19 Grad korrigiert. Seither hat die Krümmung nur leicht auf 26 Grad zugenommen.
Das ältere Kind, ein Mädchen mit idiopathischer Skoliose, ist innerhalb der 24 Monate von 130,0 cm auf 142,7 cm hochgeschossen. Ihre Armspannweite hat sich von 130,0 cm auf 143,0 cm vergrößert. Der Cobb-Winkel, der in der Operation von 60 Grad (zwischen T5 und T11) auf 31 Grad korrigiert wurde, hat sich seither nicht mehr verändert. Beide Kinder sind schmerzfrei in einem guten funktionellen Zustand und mit dem Ergebnis bisher zufrieden, berichtet Cheung, der auch für die drei anderen Kinder gute Ergebnisse erwartet.
Die Erfahrungen an zwei Kindern reichen nicht aus, um den Kommentator John Smith von der Universität von Utah in Salt Lake City restlos zu überzeugen. Er befürchtet, dass bei dem einen oder anderen Kind doch Nachoperationen notwendig werden, denn wie bei der VEPTR dürften sich Wanderung, Bruch und Infektion der Implantate nicht völlig vermeiden lassen. Auch die US-Arzneibehörde FDA dürfte weitere Ergebnisse abwarten, bis sie die neuen Implantate zulässt. © rme/aerzteblatt.de
Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.
Immer auf dem Laufenden sein ohne Informationen hinterher zu rennen: Der tagesaktuelle Newsletter
Reinhardtstr. 34 · 10117 Berlin Telefon: +49 (0) 30 246267 - 0 Telefax: +49 (0) 30 246267 - 20 E-Mail: aerzteblatt@aerzteblatt.de
entwickelt von L.N. Schaffrath DigitalMedien GmbH
Sie finden uns auch auf: